Die letzten vier Sinfonien (sie hätten im vergangenen Frühjahr aufgenommen werden sollen) fehlen noch, die ersten fünf aber sind nun erschienen, als Dokument eines Projektes, zu dessen Geldgebern nicht nur Katalonien zählt, die Heimat von Savalls Ensemble, sondern auch das französische Kultur-Ministerium. Die Unterstützung dürfte auch deshalb bereitwillig geflossen sein, weil Savall die Aufnahmen mit einem Akademie-Projekt verbindet. Etwa ein Drittel des Ensembles setzt sich aus Studierenden der Alten Musik zusammen, sie haben sich mit Probespielen qualifiziert. In mehrwöchigen Arbeitsphasen wurden die Sinfonien einstudiert, aufgenommen und bei Konzerten in ganz Europa präsentiert.
Savalls Hoffnung auf zusätzliche Energie für das Ensemble durch die Akademie-Studenten hat sich erfüllt. Vieles mag man schon sauberer und exakter gehört haben, auch abgebrühter. Der Schwung aber, mit dem Savall und sein Ensemble durch die „Eroica“ hindurchrauschen: Da stockt einem der Atem. Wie Kanonenschüsse klingen die beiden Tutti-Akkorde zu Beginn des Werkes, sie geben das Signal für alles, was nun folgt: erregt, sich überstürzend, zuweilen nahe davor, außer Kontrolle zu geraten. Zwei Stücke im Geist der Französischen Revolution sieht Jordi Savall in der dritten und der fünften Sinfonie. Den entsprechenden Gestus einzufangen, gelingt ihm in packender Weise, mit scharfen Attacken und panoramaartiger Vieldimensionalität – sie entsteht aus der klaren Gestaltung der einzelnen Partiturschichten. Dass der Wille zum Ausdruck zuweilen die technischen Möglichkeiten übersteigt, lässt sich als Ausdrucksmittel begreifen…
Clemens Haustein
Den gesamten Artikel lesen Sie in der FONO FORUM Ausgabe 11/2020.